Ich mache nichts, ich will hier nur Sitzen
„Morgen machst du die Tagesreportage und schreibst den Blogpost!“ hieß es und ich dachte cool, Halong Bay wird ein schöner Tag, das wird bestimmt einfach. Vergessen hatte ich dabei, dass wir 6 Stunden das Gleiche sehen werden an Bord und ich nicht über viel Abwechselndes berichten kann. Was jetzt erstmal langweilig klingt, war gerade darum eine großartige Challenge, weniger fotografisch als eher persönlich. Aber bevor ich von dem berichte, was dieser Tag mit mir gemacht hat, komme ich nochmal zurück zum Thema Blogpost schreiben. Im Laufe des Tages fiel mir auf, dass ich seit Jahren nichts mehr frei geschrieben habe. Klar, eine Nachricht im Chat mit Freunden, Kommunikation mit Kunden usw, aber einfach einen freien zusammenhängenden Text schreiben – schwer für mich. Jahre wenn nicht Jahrzehnte her. Die Taktung meines Tagesablaufs sieht Pausen in denen man Zeit und Muße hat einfach mal einen Brief zu schreiben irgendwie nicht vor oder meine Prioritäten werden anders gelegt. Also schon die 2. Herausforderung, nicht viel Abwechslung und dann auch noch schreiben.
Nach den ersten 4 Tagen Hanoi mit gefühlt 100.000 Motorrollern und Gehupe im Sekundentakt erreichten wir nach 2 Stunden Busfahrt als wunderbares Kontrastprogramm die Halong Bay. Vorab ein kurzer Stop am ehemaligen Hotel unserer zwei Tourguides Ly und Heiko, dann ging es aufs Schiff. Nachdem sich die mit uns abgelegten Schiffe zwischen den über 1000 Inseln verloren und der erste Fotohype verflogen war, passierte etwas Ungewöhnliches. Leise schippernd zwischen beeindruckenden Felswänden und bizarren Gesteinsformationen spürte ich erst ein extrem befriedigendes Gefühl in mir zwischen Angekommensein, Geniessen und Ehrfurcht vor dieser Naturschönheit und dann trat etwas für mich extrem Ungewöhnliches ein: Ruhe, und mein Problem damit umzugehen. Klar konnte ich jederzeit mit meinen tollen Mitreisenden reden, das wundervolle Essen an Bord geniessen und später im Workshop von Steffen wieder eine Menge Fragen an mich selbst stellen. Aber in den Momenten dazwischen, an denen ich mir ruhige Ecken für mich alleine suchte, fiel mir auf wie schwer es mir fällt, einfach mal nichts zu machen und Ruhe und Schönheit zu geniessen. Sollte mein täglicher Tagesablauf meinen Geist und Körper schon derart umerzogen haben, dass ich mit einfach nichts zu tun nicht mehr umgehen kann? Kein Mobiltelefon, kein Fernsehen im Hintergrund, keine Arbeit zu erledigen und keine Bewegung, einfach nur Natur und Ruhe. Eigentlich ein wünschenswerter Zustand und doch irgendwie neu oder viel zu lange nicht mehr erlebt. Heute konnte ich noch gut damit umgehen, da ich ja für die Tagesreportage verantwortlich war und daher einfach etwas mehr fotografierte als ich es sonst gemacht hätte. Sicherlich werden in den nächsten 2 Wochen neben den vielen neuen Eindrücken und Primärerlebnissen, den Menschen, die wir kennenlernen werden und den horizonterweiternden Workshops genug Phasen sein in denen wir Ruhe haben, und vielleicht schaffe ich es ja auch mal da zu sitzen, nicht zu fotografieren, keine Musik zu hören und einfach zu geniessen. Schaden wird es mir sicherlich nicht und vielleicht hatte Loriot (Die Jüngeren können jetzt googlen) mit seinen Sketch ja irgendwo Recht gehabt, und daher schließe ich meinen ersten Blogpost auch mit den Worten „Ich mache nichts, ich will hier nur Sitzen“