Einen Gin Serpentine bitte!
Die 4 Gin Tonics bereue ich in dem Moment als ich am Morgen aufwache. Obwohl: Falsch, nicht die Zeit, die ich mit den wunderbaren Menschen verbracht habe und eigentlich auch nicht was die durch den Alkohol ausgelösten Lockerheit raus gekitzelt hat. Aber vielleicht hätten 2 oder 3 Gin Tonics gereicht 😉
Der Morgen fängt langsam an, da wir noch auf unseren Fahrer Houng und unseren Van warten. Nach dem Frühstück machen sich Linda und ich auf dem Weg durch die Stadt. Die Kamera, übrigens die Pentax K1 von Steffen geborgt, da meine den Tag zuvor den Geist aufgegeben hat, lasse ich im Hotelzimmer um mich auf den ersten Kontakt zu konzentrieren und mich nicht unter Druck zu setzen.
Ich beobachte Linda wie sie auf die Menschen zu geht und einfach drauflos redet und merke wie ich ein bisschen lockerer dadurch werde. Ich lächle den Menschen zu und grüße „Xin chào“ erst fast flüsternd, dann etwas lauter. In einem Papierladen halten wir uns besonders lange auf. Dort kann man selbstgefertigte Gegenstände aus Papier kaufen und diese am 1 und 15 vom Mondkalendar zu verbrennen. Damit versorgt man seine Ahnen im Jenseits. Denn dort muss man wie hier arbeiten, braucht man Klamotten und ein Auto. In dem Laden kann man also alles kaufen was man so im Jenseits brauchen könnte: Klamotten, ein Haus, Auto, Moped, Geld, Makeup, Schmuck, einen Reiskocher oder Ventilator. Irgendwie gefällt mir die Tradition sich um die Ahnen zu kümmern, diesen zu gedenken. Kurz nachdem wir den Laden verlassen, kehren Linda und ich nochmal um und kaufen ein paar Geldscheine. Bei der nächsten Gelegenheit möchte ich die Scheine verbrennen und mich um meine Tante Liselotte kümmern, die bisher einzige Verwandete, die verstorben ist.
Wir erfahren, dass Huong noch einen Tag länger uns nicht fahren kann. Er muss noch vor Ort bleiben, da die Familie des Mopedfahrers eine zu hohe Summe Schadensersatz von ihm verlangt. Das ist nicht unüblich im Vietnam. Es werden diejenigen unterstützt, die weniger haben. Dabei ist es unerheblich, dass sich der Mopedfahrer falsch verhalten hat. Damit wir nicht weiter Zeit verlieren, brechen wir nach der Mindclass gegen Mittag mit einem anderen Fahrer und Van zu unser nächsten Station auf.
Im Laufe des Tages macht sich mein Kater immer mehr bemerkbar. Alles fällt mir schwer und eigentlich möchte ich mich nur ins Bett legen, aber da ist mir dann doch die Zeit zu schade. Deswegen heisst „Augen zu und durch“. Im Auto erwischen mich jedoch die Serpentinen. Ich schließe die Augen und höre die anderen nur immer wieder sagen „Oh, schau mal dort.“ „Tolles Licht“ Auch während der Pausen kann ich die wundervolle Landschaft nicht richtig geniessen, da ich zu sehr mit mir beschäftigt bin. Ich ärgere mich jetzt richtig über den Gin zu viel. Ich trinke selten Alkohol, da mein Körper nicht besonders gut damit umgehen kann. Tagelange habe ich teilweise mit dem Wasserentzug zu tun. Aber ich versuche mich bei dem Gedanken des Ärgers daran zu erinnern, dass ich vergangenes nicht ändern kann. Ich kann nur versuchen meine Situation anzunehmen. Auch das gehört zu meinem Abenteuer Vietnam.
In unserer neue Unterkunft ist Holzhaus: einfach, aber sehr süß. Genau das Richtige nach der opulenten Unterkunft in der Nacht zuvor. Das Wasser ist kalt, es erinnert mich an die Zeit in Malaysia. Es geht eben auch ohne.
Ich bin gespannt was morgen noch so passiert in meinem Abenteuer Vietnam. Für morgen nehme ich mir vor nicht nur die Einheimischen anzulächeln sondern auch ins Gespräch zu kommen.
Text Melanie Schwochow
Fotos: Tobias Löhr