Reisetag

Schon in der Nacht erscheinen die ersten Nachrichten. Melanie hats erwischt. Kai auch. Mark und Ronny gehts besser. Die gelben Pillen kommen erneut zum Einsatz. Ich übe zu diesem Zeitpunkt Zweckoptimismus, dass der Kelch an mir vorübergeht, erinnere mich aber durchaus an Kindheitstage, als ähnliche Dinge mich immer als Letzte in der Reihe ereilten. Dann kann man sich länger drauf freuen.

Vor der Abfahrt habe ich noch etwas Zeit um über den Markt zu laufen, aber hier ist heute nicht viel los. Es wurde in diesen Tagen der Toten gedacht, und heute ist der Abschluss der Feierlichkeiten. Deshalb werden die Gräber noch mal besonders mit Windspielen in allen Farben geschmückt. Ich erinnere mich, dass ich sie schon am Tag zuvor auf dem Markt gesehen habe und mich gefragt habe, was das ist.

Wir fahren los, und während sonst eher der Weg das Ziel ist, scheint es heute erstmal um das Ankommen zu gehen, so dass wir bereits mittags in Cao Bang sind.
Nach dem Mittagessen etwas Freizeit, ausruhen für die, die eine kurze Nacht hatten, und im Anschluss ist Zeit für die Mindclass mit der Frage nach dem Warum, angeregt durch Simon Sinek. Jeder hat einen anderen Zugang zu dem Thema, aber wir werden sicher alle bei dem Thema noch einmal anknüpfen.

Während wir diskutieren merke ich schon, dass etwas nicht stimmt. Ich ahne, dass die kommende Nacht nicht schön wird und gelbe Pillen gebraucht werden könnten. Ich werde Recht behalten.

Während der Tag aus verschiedenen Gründen fotografisch eher bescheiden ausfällt kehrt an den folgenden Tagen das Motiv der Windspiele immer wieder. Ob ins Dorfbild eingebunden oder abseits und mit Blick in die wunderschöne Landschaft, überall sehe ich jetzt die mit Windspielen geschmückten Gräber.